Wir sagten: „Geht nicht zur Armee“, Weil …

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Mustafa Sütlaş und Seyhmus Diken von bianet.org äußern sich zu den Ermittlungen gegen sie, wonach sie „Leute gegen den Militärdienst aufbringen“. Im Buch „Geht nicht zur Armee, weil …“ veröffentlichen sie ihre Position.

Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen 381 Menschen eingeleitet, die zum Buch „Geht nicht zur Armee, weil …“ beigetragen haben.

Aufgrund einer Beschwerde des türkischen Generalstabes ist die Hauptstaatsanwaltschaft in Ankara aktiv geworden. Laut Paragraf 318 des türkischen Strafgesetzbuches (TCK) ist das „Aufbringen von Leuten gegen den Militärdienst“ unter Strafe gestellt.

Die Ermittlungen richten sich auch gegen bekannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens.

Mustafa Sütlaş und Seyhmus Diken haben sich bei bianet beteiligt und stehen nun auf der Liste der Angeklagten.

Klicken Sie hier für die Namensliste aller 381 Betroffenen.

Sütlaş und Diken sprachen mit bianet über die Ermittlungen gegen sie.

Sütlaş: Es ist die Pflicht eines Arztes, sich dem Tod und dem Töten zu widersetzen.

Als Schriftsteller habe ich damals diesen Satz beigetragen:

„Der Militärdienst ist eine Ausbildung für den Krieg und zum Töten - Krieg verursacht in jedem Alter schlimmste Krankheiten und Tod, also ist er gesundheitsschädlich, und es bringt größte Probleme für das gesamte öffentliche Gesundheitswesen; also geht nicht zur Armee und lernt nicht zu Töten, denn um die lebensnotwendige Gesundheit zu schützen, muss man gegen Kriege sein, und man darf auch nicht in den Militärdienst eintreten - denkt daran: Wenn ihr nicht zur Armee geht, gibt es keine Kriege!“

Für das Buch und das entsprechende Webportal wurden Leute aufgefordert, unter dem Titel „Wenn ihr nicht zur Armee geht, gibt es keine Kriege!“ Kommentare in einem Satz zu erstellen, die auch im Nachrichtenteil von bianet veröffentlicht wurden.

Wie Sie wissen, bin ich Arzt. Ärzte stehen auf der Seite des Lebens und wenden sich gegen den Tod. Sich gegen den Tod und das Töten zu stellen gehört zu den Aufgaben des Arztes.

Ein Krieg wird mit Soldaten gekämpft, und Militärdienst ist die Zeit und der Ort, wo Menschen ausgebildet werden, um zu kämpfen und somit auch zu töten. Im Endergebnis muss jeder, der gegen Krieg und Töten ist, auch gegen Militärdienst sein.

Andererseits ist es die Pflicht von Ärzten, Probleme im Vorfeld zu vermeiden. Mit diesen Worten mache ich eine Beobachtung und einen Vorschlag. Dies ist eine notwendige Grundbedingung der Gedankenfreiheit. Ich sage, schreibe und drücke mich aus, wann immer ich kann. Ich denke und folge dem auch heute. Dies zu tun ist mein elementares Grundrecht.

Meiner Meinung nach ist hier das Gesetz und die Anklage gegen uns ein direkter Eingriff des Militarismus in die Demokratie und in die Meinungs- und Gewissensfreiheit. Ich hoffe und wünsche mir eine unabhängige Justiz, die in diesem Verfahren die richtige Entscheidung trifft- entsprechend den allgemeinen Menschenrechten, zu denen sich auch der türkische Staat verpflichtet hat.

Diken: Hätten wir sagen sollen „bringt euch gegenseitig um, alles für das Vaterland“?

Als sie vor zwei Jahren die Frage stellten, sagte ich: „Geht nicht zum Militär, weil eines Tages die Kugel, die das dir gegebene kalte Eisen verlassen wird, deinen Nächsten - mit einer Mutter wie du sie hast - unter die schwarze Erde bringen wird.

So eröffneten sie ein Ermittlungsverfahren. Was können wir sagen? Ehrlich gesagt: Wir gehören zu denen, die es ablehnen, dass Kinder großgezogen werden, um dann ab einem bestimmten Alter in den „nationaler Dienst“ des Militärs geschickt zu werden, um im staatlichen Leichensack zu enden und unter den Tränen ihrer Mütter in der schwarzen Erde begraben werden sollen.

Wenn wir ein „Verbrechen" begangen haben - wie sie behaupten: Was hätten wir tun sollen? Hätten wir sagen sollen: Ja, tötetet euch gegenseitig - toller Job, alles fürs Vaterland?

Kentel: Militärdienst macht dich dümmer

Einer der Betroffenen ist Professor Dr. Ferhat Kentel, an der soziologischen Fakultät der Şehir Universität. Er äußerte sich auf der Nachrichtenseite der Universität im Internetportal GasteŞehier.

Kentel bewertet dies wie folgt:

'Ich habe im Buch „Geht nicht zur Armee, weil … “ das folgende geschrieben: „Geht nicht nicht zur Armee, weil es euch dümmer macht; Befehle, Schläge, Gewehre, Töten und Sterben werden zur Regel, während Leben und das miteinander Reden die Seele bereichert. Leben und Leben lassen macht die Menschen menschlicher.“

Natürlich könnten vielleicht weitere Sätze hinzugefügt werden; zum Beispiel: „Oder wenn Sie wirklich gehen wollen, dann tun sie es. Aber zwingen Sie niemanden; nicht jeder muss dort ein Rädchen im Getriebe werden.“

Die Tatsache, dass Militärdienst nicht in Frage gestellt werden kann, und dass alle verfolgt werden, die sagen: „Geht nicht“, ist das typische Ergebnis einer Heiligsprechung … Es ist eine sogenannte Heiligsprechung der nationalstaatlichen Ideologie, die sich im Dilemma zwischen Sicherheit und Unsicherheit gefangen fühlt - oder sie folgt den Interessen der herrschenden Klasse, die dieses Dilemma als einzige rationale Option präsentiert.

Die „moderne Religion“ des Nationalstaates nimmt die heiligen Werte der früheren traditionellen Gesellschaften und Religionen auf, um sie dann zu weltlichen Glaubensrichtungen und neuen Heiligsprechungen umzuwandeln. Verschweißt mit ihren selbst ausgerufenen Heiligtümern kann eine offiziell herrschende Ideologie natürlich nicht zulassen, dass diese angekratzt werden. Sie kann ihre Heiligtümer nur durch Beschränkungen und Gesetze schützen.

Mit jeder weiteren Unterdrückung gegenüber denen, die sagen: „Aber der Kaiser hat keine Kleider an“, entsteht im Ergebnis die paradoxe Situation, dass die goldene Fassade der heiligen Kühe immer stärker angegriffen wird.'

Klicken Sie hier um „Don’t Serve the Military Because“ online zu lesen oder um es im PDF-Format herunterladen (auf Türkisch")

Klicken Sie hier, um den Artikel auf türkisch / auf englisch zu lesen.

Quelle: bianet.org

Übersetzung: Rainer Sontag

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